Der Mensch, die Kirche, die Gesellschaft

Performance: "Holy Hearts" begeistert Publikum im zeitraumexit

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Mannheimer Morgen

Von unserem Mitarbeiter Dennis Baranski

Der dürftige Kegel einer Taschenlampe bietet Danny Lohmen Orientierung, als er hochkonzentriert und verloren in die Klaviatur seines Keyboards greift. Doch es bleibt still, sein Spiel unerhört. Einzig das dumpfe Anschlagen der Tasten ist zu vernehmen. Geschwängert von der tiefen Sehnsucht, Gehör zu finden, erdet das stumme "Ave Maria" des geistig behinderten Musikers die Produktion "Holy Hearts" am Mannheimer Theaterhaus zeitraumexit.

Leise flüsternd murmeln die sechs Frauen und Männer Gebete - jeder für sich und doch seltsam gleichgeschaltet. Ein befremdlicher Klangteppich breitet sich aus, der ganz selbstverständlich zu andächtiger Schweigsamkeit mahnt. Man beugt sich der katholischen Spiritualität. Denn selbst überzeugte Verneiner der Institution Kirche können sich deren leitmedialem Charakter nicht entziehen. Erst ein herbeigeholtes Mikrophon verleiht den Darstellern der Complete Group, einem losen Zusammenschluß von Laien, professionellen Künstlern, Behinderten und Nichtbehinderten, Stimme. Profane Alltäglichkeiten werfden der Reihe nach erzählt. Momentaufnahmen, aus denen eine unerträgliche Ohnmacht spricht, gegen die sie erbittert anschreien. Mal wütend, mal verzweifelt sind die Ausbrüche, immer aber befreiend.

Bildstark setzt sich Wolfgang Sautermeisters bewegende Performance mit dem Menschen als Individuum in Religion und Gesellschaft auseinander. Oberkörperfrei, vom Publikum abgewandt, sitzt das heterogene Ensemble auf dem Boden, dazwischen der verwaiste Rollstuhl des gelähmten Johannes Duve - zuordnen lässt sich das notwendige Hilfsmittel nun nicht mehr. Dabei einigt man sich hier keineswegs auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, vielmehr konzentriert sich die Arbeit auf das Wesentliche: den Kopf und das Herz.

Mit Hingabe lassen sich die Akteure auf Sautermeisters dichte Inszenierung ein und stellen hoffnungsvoll fest: Vor Gott sind alls gleich, aber eben jeder auf seine einzigartige Weise.

Jedes Herz ist heilig - und sucht nach stimmlichem Ausdruck. Foto: Empl