Zurück an den . . . Rechner

FESTIVAL: "Unternehmen Wohnzimmer" von Pia Lanzinger

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Mannheimer Morgen

"Frauen zurück an den Herd!" Mit dieser Forderung käme man heute nicht weit. In post-frauenbewegten Zeiten sind die Mechanismen zum Erhalt traditioneller Rollenmuster weit subtiler. Dass moderne Entwicklungen nicht notwendigerweise mit Fortschritt gleichzusetzen sind, beweist Pia Lanzinger mit ihrer Installation "Das Unternehmen im Wohnzimmer", die im Rahmen des Zeitraum-Exit-Festivals "Wunder der Prärie" im Mannheimer Gründerinnenzentrum in G 7 stattfand. Für die 2003 anlässlich der Schau "Trautes Heim" in der Galerie für zeitgenössische Kunst in Leipzig entstandenen Arbeit besuchte die Münchnerin Telearbeiterinnen an ihren heimischen Arbeitsplätzen.
Es sind ganz unterschiedliche Frauen, die in den Filmen der Münchner Künstlerin über sich und ihre Tätigkeit sprechen. Das Spektrum reicht von der privaten Arbeitsvermittlerin Ursula Steiner aus Leizpig über die Luftfahrtpsychologin und Betriebsrätin Inez Laaser bis zu der schwedischen Webmasterin Helen Dahl. Auch eine Telearbeiterin aus dem hiesigen Raum ließ Pia Lanzinger zu Wort kommen: Silke Blasius arbeitet zu Hause in Hohen-Sülzen für Roche in Mannheim. Die Interviews präsentiert Pia Lanzinger auf den Monitoren identisch ausgestatteter Computerarbeitsplätze, die sich allein durch die für Büros so typischen aufgestellten persönlichen Fotografien unterscheiden. Denn so individuell und selbstbestimmt, wie es auf den ersten Blick scheint, ist Telearbeit nicht. Was als Flexibilität und freie Zeiteinteilung im gemütlichen Zuhause verkauft wird, ist oft nichts anderes als eine moderne Form der Selbstausbeutung - ein gerade im Kulturbereich weit verbreitetes Phänomen.
Telearbeit gilt als ideale Verdienstmöglichkeit für Frauen, die Arbeit und Familie unter einen Hut bringen müssen. Im Ergebnis wird dadurch die traditionelle Zuschreibung "Privater Raum: Frauen" und "Öffentlicher Raum: Männer" weiter zementiert. Statt "zurück an den Herd" "zurück ans Telefon beziehungsweise an den Rechner"? So wichtig es ist, dieses Thema stärker in das öffentliche Bewusstsein zu rücken, so problematisch ist dessen Umsetzung in den Kunstkontext. Denn eine solche Arbeit birgt auch die Gefahr, mehr als soziologische Bestandsaufnahme denn als künstlerische Arbeit wahrgenommen zu werden. Mit der Rückführung des privaten Raums in den öffentlichen Raum der Galerie der Existenzgründerinnenzentrum umschifft Pia Lanzinger diese Klippe knapp.