Erfahrungen an der Grenze

Performance: Die Gründer von zeitraumexit treten auf

Zeitung

Mannheimer Morgen

Vier Jahre ist es her, dass Gabriele Oßwald und Wolfgang Sautermeister gemeinsam auf der Bühne standen. Vier zehrende JAhre, die den Mitberündern des Mannheimer Künstlerhauses zeitraumexit kaum Raum zur Verwirklichung eigener künstlerischer Ansätze übrig ließen - ein schmerzlicher Mangel, an dem ihre nun gezeigte Performance 'Hearing & Watching & Wishing', eine weiterentwickelte Arbeit aus dem Jahr 2007, ansetzt.

Regungslos stehen die beiden an gegenüberliegenden Flanken des Bühnenraumes, ertragen die spürbar verstreichende Zeit, bevor sie sich bedächtigen Schrittes auf ein zentral angeordnetes Podest bewegen. Statuen gleich, durch den Sockel zu einem eigentümlich entmenschlichten Kunstwerk erhoben, beginnen sie den Kampf: Über ihre Köpfe gestülpte Plastiktüten erzeugen Atemnot und beklemmende Enge.

Aktuelle Assoziationen

Seit 1994 loten Oßwald und Sautermeister künstlerisch Grenzen der darstellenden Kunst aus und blicken nun in einem Katalog und der Installation 'Lockruf des Kleibers' auf das gemeinsame Werk zurück. Die Darbietung aber ist keineswegs bloße Reminiszenz: An vergangene Arbeiten knüpfen die Künstler an und schaffen durch  autobiographische Bezüge einen dichten, bemerkenswert aktuellen Assoziationsreigen.

Bis zur völligen Erschöpfung rennen sie und treten doch auf der Stelle. Hier verweist militärischer Drill auf die Ohnmacht gegenüber systemischer Fremdbestimmung und offenbaren Oßwald und Sautermeister provokativ ihr Innerstes: Bar und schutzlos präsentiert sich das Paar, um kurz darauf den performativen Grenzgang versonnen-unschuldig, nachgerade keusch erneut zu brechen. So entsteht ein äußerst sensibler Abend, der behutsam sein Publikum an den Rand der Zumutbarkeit führt, es bisweilen harsch seines voyeuristischen Blicks gewahr werden lässt und doch, trotz seiner offenen Form, präzise zu einem gleichsam versöhnlichen wie befreienden Abschluss zurückfindet.

[Dennis Baranski]