Irritationen in Afrika

zeitraumexit widmet dem Ludwigshafener Künstlerpaar Ingrid MWangi und Robert Hutter eine Ausstellung

Zeitung

Die Rheinpfalz

von Nicole Hess

 

Seit fast 15 Jahren arbeiten Ingrid Mwangi und Robert Hutter als Künstlerkollektiv in Ludwigshafen. Auf der ganzen Welt sind ihre Videoarbeiten, Installationen und Fotografien schon gezeigt worden. Das Mannheimer Kunsthaus zeitraumexit widmet 'IngridMwangiRobertHutter', die sich als ein einziger Künstler in zwei Körpern begreifen, erstaunlicherweise die erste umfangreiche Einzelausstellung in der Rhein-Neckar-Region. Sie trägt den Titel 'Paradise: The Hidden Land'.

Wer Kunst macht, kann manchmal an seine Grenzen kommen. Oder darüber hinaus. Für Ingrid Mwangi war es alles andere als angenehm, sich in die braune brackige Brühe zu stellen. Das erzählt sie, auf dem die Aktion dokumentierenden Video sieht man nichts davon. Sie sieht einfach aus wie eine Frau, die aus irgendeinem Grund in dem See planscht, der sich nach einem Wasserrohrbruch auf einer Straße in Nairobi gebildet hat. Weil sie in einer Gegend, in der sich vorwiegend Flüchtlinge muslimischen Glaubens aus Somalia aufhalten, relativ leicht bekleidet ist, erregt sie gleich doppelt Aufsehen. Man sieht auf dem Bildschirm, wie sich Menschen um sie versammeln, ihr Tun kommentieren und sie warnen, das dreckige Wasser zu trinken.

Die Performance ist Teil einer Collage. Auf fünf Bildschirmen nebeneinander sind Aktionen im öffentlichen Raum zu sehen, mit denen Ingrid Mwangi und ihre Mann Robert Hutter in Nairobi, Johannesburg und Bamako, der Hauptstadt Malis, die Menschen irritiert, provoziert, verblüfft und manchmal auch begeistert haben. 'Manches geschieht geplant und vorbereitet, aber vieles auch sehr unmittelbar aus dem Moment heraus', sagt Hutter. An einem realen Ort mit vorgefundenen Gegebenheiten schafft das Paar eine künstliche Situation, die wiederum reale Kontakte zu anderen Menschen und echte Emotionen auslöst.

Bei der Performancekunst ist die Vergänglichkeit Teil des Formats. Meistens jedenfalls. Von einer Aktion in Johannesburg jedoch ist etwas geblieben. Mwangi und Hutter hatten bemerkt, dass sich unter einem Monument regelmäßig Flüchtlinge aus Simbabwe versammelten, weil der Platz ihnen Schatten bietet. Die Künstler druckten ein Foto der 'Zufluchtsstatue' auf T-Shirts, die sie unter den Leuten verteilten und mit allen eine Prozession organisierten. 'Davon besteht etwas weiter', sind sie überzeugt.

Das Paar arbeitet oft in Afrika, vor allem in Kenia, der Heimat von Ingrid Mwangis Vater. 'Die Leute sind nicht so hektisch wie im Westen und aufmerksam für alles, was auf der Straße passiert. Wenn sie etwas spannend finden, bleiben sie stehen', sagen sie. Umgekehrt möchten IngridMwangiRobertHutter selbst mit tradierten Bildern brechen und die Betrachter ihrer Kunst irritieren. 'homes for rent & homes for sale' heißt ein Werk der Ausstellung. Es zeigt das größte Flüchtlingslager der Welt in der kenianischen Wüste. Unter dem Foto hängen Schnipsel, wie man sie von Wohnungsanzeigen an schwarzen Brettern kennt: mit der Adresse von UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen. 'Für die Menschen dort ist das wirklich fast wie das Paradies', sagt Robert Hutter.

Die Bilder, die wir Europäer von Afrika haben - in der Ausstellung werden sie immer wieder in Frage gestellt. Wie in der Videarbeit 'Märchen des schwarzen Berges', in deren Verlauf der weiße Tourist am Traumstrand mit allen seinen Vorurteilen konfrontiert und am Ende um einige Erfahrungen und Erkenntnisse reicher ist. Oder wie in der zu einer Installation erweiterten Fotografie mit dem Titel 'Aestehtic of Uprising' (Ästhetik des Aufstands): Man sieht eine flüchtende Person auf einem ausgetrockneten See, der die Umrisses des Zipfels im Süden Afrikas hat. Auf dem Boden davor steht ein Text. Die Worte sind immer wieder überschrieben und schlecht zu lesen. Mwangi und Hutter verwenden gerne Doppeldeutigkeiten, Andeutungen, vermischen Ebenen miteinander.

Und sie möchten auch gar nicht auf die Rolle der Künstler festgelegt werden, die sich mit Afrika beschäftigen. 'Das ist einfach so ein Trend, den der Kunstbetrieb mit sich bringt', sagt Ingrid Mwangi. Tatsächlich arbeiten die beiden selten in Deutschland. Eine Sache ist allerdings fest geplant. In den nächsten Wochen möchten sie hundert Ausstellungsplakate in Mannheim, Ludwigshafen und Frankenthal wild aufhängen und schauen, was damit passiert. Und es natürlich dokumentieren. So eine Ausstellung ist schließlich auch ein Prozess, ein sehr lebendiger sogar.

 

TERMINE

Die Ausstellung 'Paradise: The Hidden Land' ist bis 21.Januar bei zeitraumexit in Mannheim zu sehen. Öffnungszeiten freitags 16 bis 20 Uhr, samstags und sonntags 14 bis 18 Uhr. Am Samstag, 14. Januar, um 16 Uhr gibt es ein Gespräch mit den Künstlern.