KofferundKartoffeln

Junge Performance-Künstler bei Zeitraum/Exit

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Die Rheinpfalz

Von Anne Richter

Jeden Sommer bietet das Künstlerhaus zeitraumexit in Mannheim jungen Künstlern mit der Plattform „frisch eingetroffen" die Möglichkeit, Veranstaltungen zu präsentieren, die zwischen Tanz, Theater und Performance angesiedelt sind. Jeweils drei Auftritte wurden dieses Jahr zu einer Abendveranstaltung zusammengefasst.

Tanz- und Filmelemente waren ebenso Teil von einzelnen Vorstellungen wie scheinbar improvisierte Gespräche und Kartoffelschälen. Die Formenvielfalt vor „frisch eingetroffen" überzeugte, wenn auch nicht alle Einzelproduktionen ihrem Anspruch gerecht wurden. Anna Peschke eröffnete mit ihrer Diplom-Inszenierung „Käppkkra - ein Arioso für einen Operator und elf Maschinen" das Festival. Eine Stunde lang rollt sie Kofferstapel auf die kleine Arenabühne.

Sie igelt sich mit den Koffern ein, baut Zäune auf und wieder ab, findet Kuriositäten wie eine kleinen Lotteriekugel und Murmeln und schließlich die elf Elektro-Maschinchen mit Puppenteilen aus dem Titel. Ihr Spiel ist konzentriert, ruhig und pedantisch, ohne auf Perfektion aus zu sein. Sie entwickelt ein intimes Verhältnis zu ihren Koffern und Fundstücken, das berührt. Anna Peschkes Spiel kommt aber nicht über einzelne Etüden mit Koffern hinaus. Die angekündigte Auseinandersetzung mit dem Tod erschließt sich nicht.

Das Duo „JaMbs & Wogs" aus Berlin hatte für seine „Performance im Quadrat" nach den Koffern das zweite Symbol für Übergang dabei: Umzugskartons. Als Umzugspacker kamen sie aus Berlin nach Mannheim und thematisierten diesen Blick von außen in ihrem humorigen Kurzfilm über die gastgebende Stadt. Dann wurden weiter Kartons gestapelt, unterbrochen von zwei Videodokumentationen, die ältere Aktionen des Duos aus Saarbrücken und Berlin präsentierten. Alle drei Filme und die Rahmenhandlung der Packer zeugten von Humor, historischem Bewusstsein und frischem Wind.

Zum Abschluss des ersten Abends zeigten die Studentinnen der Amsterdamer Kunsthochschule Jolika Sudermann und Alma Söderberg „freedom of speech". Die jungen Frauen improvisierten am Tisch scheinbar ein Gespräch über ihr Studienthema „Strukturierte Freiheit". Die eine fand Freiheit im Erwandern des vorgegebenen Jakobswegs, die andere im präzisen Auflisten ihrer Bettgeschichten. Was scheinbar als privates Gespräch beginnt, wird immer deutlicher zur durchkomponierten Bewegungs- und Sprech-Performance. Eine virtuose Bodyperkussions-Choreografie haben die angehenden Choreografinnen entwickelt, die Textfragmente, Bewegungen und Musik über feste Formen und freie Inhalte vereint.

Auch am zweiten Abend ging es um das Verhältnis von Bewegung und Sprache in „13 poems in a body". Dann untersuchte Christian Grammel die Stereotypen eines Dudelsacks und Eva Weingärtner versuchte kartoffelschälend ihrer Großmutter nahe zu kommen.