Kunst und das liebe Geld

Kulturpolitik:Radikaldialog über Finanzierungsmodelle

Zeitung

Mannheimer Morgen

Wie viel darf Kultur kosten? Wie viel ist sie uns wert? Diese Fragen stellen sich jeder Gesellschaft früher oder später. Und wie immer, wenn es ums Geld geht, sorgt auch hier seine Verteilung für Zündstoff. Immer wieder flammt die Diskussion nach der Kulturförderung auf. Auf der einen Seite stehen Künstler, die um ihre Existenz bangen – und auf der anderen der Staat, den sie in der Pflicht sehen. Der „Radikaldialog“, der kulturell und gesellschaftlich relevante Fragen kontrovers und offen diskutiert, hatte bereits Debatten zu „Freiheit“ oder „Verantwortung“ abgehalten. Nun widmete er sich in der Alten Feuerwache der wichtigen Frage nach dem Geld. „Reich und glücklich“ lautete der Titel.

Spannend und anschaulich
Die Teilnehmer haben schon aus beruflichen Gründen mit dem Thema zu tun: Die bildende Künstlerin Ines Schaber (Berlin), Mitbegründerin der Initiative „Haben und Brauchen“, die sich für eine bessere Bezahlung von Künstlern einsetzt; der Geschäftsführer der „Fame Fabrik“ (Mannheim), Waldemar Kies; die Politikwissenschaftlerin Monika Mokre (Wien); und Peter Erni, Geschäftsführer von Verdi Rhein-Neckar, der die Sicht eines Gewerkschafters beisteuert. Sie schaffen es, das komplexe Thema Kulturförderung spannend und anschaulich zu behandeln, auch dank des Publikums, das rege mitdiskutiert und mit seinen Einwürfen neue Impulse und Richtungen gibt.
Immer noch leben viele Künstler in prekären Verhältnissen. An Kultureinrichtungen wird oft zuerst gespart, bei der Vergabe von Aufträgen werden Gehaltsforderungen heruntergehandelt. Viele Künstler und Kulturschaffende liegen unter dem Mindestlohn. „Dabei gibt gerade eine Stadt wie Berlin genug für einen Flughafenbau aus“, schimpft Ines Schaber. Anderseits sparen auch die Kommunen meist nicht aus bösem Willen, sondern aus purer Geldnot.

Keine anderen Gesetze für Kunst
Eine Alternative ist die Kreativwirtschaft: die Produktion für den Markt. Die aber hat zur Folge, dass Künstler, die sich nicht anpassen, kaum eine Chance haben. Für Waldemar Kies ist sie dennoch eine gute Sache: „Warum sollen in der Kultur andere Gesetze gelten als sonst? Wenn es für meine Kunst keine Nachfrage gibt, muss ich eben etwas anderes machen.“ Häufig fängt die Schwierigkeit bereits bei der Berechnung der Arbeitszeit an. Peter Erni fordert deshalb ein geschlossenes Auftreten und eine Orientierung am Grundbedarf. Bisher aber zeigen auch die Künstler wenig solidarischen Willen. Sie sind kaum in Gewerkschaften aktiv. Es wird dauern, ehe es eine Lösung gibt.

Michael Abschlag