Trio kämpft um bewegte Zweisamkeit

Tanz: "Gerro, Minos and Him" beim Festival "Völlig losgelöst"

Zeitung

Mannheimer Morgen

Immer an der der Wand lang drängen sie, diese drei männlichen Grazien. Sehr nahe stehen und bewegen sich Aloun Marchal, Roger Sala Reyner und Simon Tanguy dabei. „Distanzgemindert“ würde die Psychologie dieses Verhalten nennen, das den Beginn des Tanzabends bei Zeitraumexit im Jungbusch eindrucksvoll markiert.

„Gerro, Minos and Him“ heißt jene ungewöhnliche Tanzproduktion im Rahmen von „Völlig losgelöst“, den „Tagen der freien Szene“, die heute Abend, 20 Uhr, mit der Konzertperformance „Guten Morgen, Europa!“ enden werden. Wie so oft im zeitgenössischen Tanz geht es um Raumnehmen, das Verhältnis von Raum zu Körper, um Innen und Außen. Soweit, nun ja, so abgedroschen – klingt das. Doch zwei  Franzosen und ein Spanier zeigen uns, dass auch Gemeinplätze gelegentlich licht und klar werden können.  Dass sie eine klassische Ausbildung haben, ist nicht zu übersehen. Dennoch nutzt das Trio diese allenfalls ironisch gebrochen als Zitatmaterial und geht Wege, deren Verfolgung äußerst vielversprechend zu werden scheint.

Einer ist immer zu viel

Die drei Bewegungsschelme überholen, drängen vor, fallen zurück, kriechen schier die Wand hoch. „Drei sind einer zu viel“ heißt eine Redensart, die auch in dieser Lesart fassbar wird. Sie umklammern und umgarnen sich a capella, kokettieren, atmen rhythmisch und kämpfen wechselseitig um die Gunst des Zweiten – und um den Ausschluss des situativ eindringenden Dritten. Dabei kommt es zu massiven Übergriffen, Schreien, ja Schlägen. Grausamkeit und Machtkämpfe gibt es in Freundschaften und Beziehungen zuhauf, daher wandeln sich die Tänzer zwischenzeitlich zu Reptilien, ja Monstern. Es kommt zu „Herr und Hund“-Szenen, zu Verboten und Ohrfeigen, auch zu fast dialogisch gespielten Szenen. Plötzlich ist dann diese starke Arbeit, die dann schwächer wird, wenn sie durch Pantomime oder Sprachfetzen zu deutlich werden möchte, wieder von großer Ruhe geprägt. Ob sie nur zur Energiegewinnung für neue Konflikte dienen, wissen wir nicht, jedenfalls sind immer auch Versöhnungsmomente vorgesehen. Das ist nicht nur für Duo und Trio beruhigend.