Und ewig droht das Provinzielle
Als Reaktion auf eine Serie dieser Zeitung über freies Theater
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Als Reaktion auf eine Serie dieser Zeitung über freies Theater wird in
Mannheim über die Zukunft von Kultur diskutiert
Und ewig droht das Provinzielle
Von unserem Redaktionsmitglied Annika Wind
"Monopolregion" ist ein böses Wort. Wer es ausspricht, denkt womöglich an Dinge, die mit dem Wort Provinz zusammenhängen: an Selbstgenügsamkeit, Kirchturmdenken und fehlende Flexibilität. Und solche Worte aus dem Munde des "SZ"-Kritikers Jürgen Berger hört Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz gar nicht gern, schließlich
steht er für eine Stadt, die sich als Metropole sieht - in einer Metropolregion.
"Kultur hat heute immerhin einen anderen Stellenwert als noch vor fünf Jahren in dieser Stadt", spielt Kurz wohl auf eigene Verdienste in den Räumen des Kunstbüros Zeitraum Exit an, in das er zu einer Podiumsdiskussion eingeladen wurde. Im Gespräch mit Kulturschaffenden wie dem Kurator des Festivals "Steirischer Herbst", Florian Malzacher,
dem Intendanten des Heidelberger Theaters Peter Spuhler, Sascha Koal vom Landesverband Freier Theater in Baden-Württemberg und der Initiatorin von Zeitraum Exit, Gabriele Oßwald, will man klären, wie viel Metropole tatsächlich in Mannheim steckt: am Beispiel der freien
Theaterszene, die seit Jahren auf Sparflamme überwiegend um sich selbst kreist. Wie in einer Provinz. Aber warum eigentlich?
"In der Politik wird immer nach dem Zweck gefragt, aber den hat Kunst nicht unbedingt", spielt Kurz auf die schwierige Finanzlage freier Theater in Mannheim an. Die wiederum habe mit dem "Dominoeffekt" zu tun: "Ohne kommunale Förderung bleiben Theatern auch Landes- und Bundesmittel verwehrt", gibt Ralf-Carl Langhals zu bedenken.
Zu wenige Projektanträge
Im Januar hatte der Kulturredakteur dieser Zeitung in einer
vierteiligen Serie die freie Theaterszene hinterfragt - mit einem erschütternden Ergebnis: Nur vier von 79 baden-württembergischen Projektanträgen kommen aus Mannheim. Im Vergleich zu anderen Kommunen ist Mannheim freies Theater trotz Etaterhöhung nur wenig wert. Im Gespräch mit 100 Besuchern - darunter Theaterschaffende aus Freiburg,
Baden-Baden oder Heidelberg - bringen Jürgen Berger und Moderator Jan Linders weitere Probleme auf den Tisch: Wer freies Theater macht, meidet die Metropolregion, denn hier gibt es nicht einmal eine zentrale Spielstätte. Drei Stunden lang diskutieren Publikum, Journalisten und Politiker, darunter auch Kulturamtsleiterin Sabine Schirra. Immer wieder beteuert man dabei, dass eine Metropole das
freie Theater braucht. Als Impulsgeber. Für die kulturelle Vielfalt einer Stadt. Das ist befreiend, aber neue Erkenntnisse bringt es nicht. Mannheim, so der Konsens, muss freien Theatern ein solides Finanzkonstrukt geben und eine feste Spielstätte. Dauerhaft.