Von wahren Gefühlen und gefühlvollen Gedichten

Jungbusch: Zweite offene Lesebühne zum Thema "fremd" im Künstlerhaus zeitraumexit in der Hafenstraße

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Mannheimer Morgen

Was sagen Texte über das Fremde, das Fremdsein oder das eigene Befremden? Bei der Lesung in der Reihe „Freibad“ im Künstlerhaus zeitraumexit brachten sieben begeisterte Leser und Autoren ihre Lieblingsbücher oder eigene Texte mit, lasen sie vor und andere lauschten einfach nur den Vortragenden.

Ob Gedicht, Roman, Erzählung oder Sachbuch – jedes Genre war erlaubt; alles, was sich in höchstens zehn Minuten lesen lässt. Zusammengefunden haben sie über zeitraumexit, Mannheims Ort für ungewöhnliche Kunst, und aus verschiedenen  privaten Schreibstuben. Was sie verbindet, ist das Gefühl, dass die Zeit reif geworden ist für ihre Texte – für ihre Schritte in die Öffentlichkeit.

In Art und Stil sind diese Texte so unterschiedlich wie sie selbst – doch ein gemeinsames Thema vereinigt sie: „fremd“ – passend zum aktuellen Projekt „Hello Stranger“ – und zwar nicht im ethnischen Sinne, sondern von sich fremd fühlen, sich fremd werden oder als fremd empfinden. Und im Foyer von zeitraumexit und seiner gemütlichen Wohnzimmer-Atmosphäre haben sie einen idealen Rahmen für diese Leseabende gefunden. Die Idee zu dieser Lesung hatte Tilo Schwarz von zeitraumexit. Er hatte sich einen Text aus „Chroma“, einem Buch über Farben von Derek Jarman, gewählt, den er eindrucksvoll zum Leben erweckte. Ricarda Walter erwies sich geübt im akzentuierten Vortrag und erntete spontanen Beifall für einen Ausschnitt aus Peter Handkes „Die Stunde der wahren Empfindung“. Gabriele Oßwald sorgte mit einem berührenden Textausschnitt über einen sich fremd werdenden Mann aus „Small World“ von Martin Suter dafür, dass es „richtig schräg“ wurde, bevor der erste Autor die Bühne betrat. Florian Kuhn aus Potsdam, der seit einem halben Jahr in Mannheim lebt, wo er am Institut für Deutsche Sprache arbeitet, ließ aufhorchen mit gefühlvollen Gedichten über „Ankommen“, „Betrachtungen des Alterns“ und „Gesichter, die eine zahme Landnahme sind“. Harald Riegg las eine Kurzgeschichte aus seinem 2014 erschienenen Buch „Echt nur Spaß“. Dijana Pleic, die 1992 aus Bosnien Herzegowina nach Mannheim kam, las einen eigenen Text über das Fremde als Fremde in einer fremden Stadt, der auch eine Ode an Mannheim war.

Klangvoller Abschluss der Lesung waren die sehnsuchtsvollen Gedichte von Wolfgang Sautermeister – eine Liebeserklärung an die ihm fremde Stadt Rom.

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