Was bleibt, sind Videos und Fotos
Die Mannheimer Performancekünstler Oßwald/Sautermeister machen schon seit 13 Jahren gemeinsame Sache
Veranstaltung
Zeitung
von Heike Marx
Performer agieren meistens solo, seltener als Gruppe, am seltensten als Duo, das über viele Jahre zusammenarbeitet. Die dafür erforderliche Übereinstimmung hält bei einer so individuell ausgeprägten Kunstform nicht lange vor. Das Mannheimer Duo Gabriele Oßwald und Wolfgang Sautermeister hingegen blickt auf 13 Jahre gemeinsamer Performances zurück. In einem Katalog halten sie Rückschau.
Mit seinem Zeitungsformat ist 'WORKS 1994-2007' weder ein aus der bildenden Kunst vertrauter Katalog noch ein für darstellende Künste, zu denen die Performance ja zählt, übliches Programmheft. Beim Durchblättern steigen bei denen, die Oßwald und Sautermeister in Aktion gesehen haben, mehr oder weniger deutliche Erinnerungen auf. Am deutlichsten bleiben die Gegenstände haften, die sie benutzt haben.
Es sind banale gegenstände, wie Teller, Löffel, Klebeband, alte Familienfotos, kaputte Puppen, Zeitungen, geschriebene Sätze, ein Koffer, ein Apfel. Indem sie in einen unerwarteten Kontext gebracht wurden, organisieren sie sich gleichsam von selbst zu Bildern. Bilder sind von Dauer. Ein relativ frühes ("ein Tisch" von 1999), das für die Titelseite gewählt wurde, hat in der Erinnerung alle späteren überlagert. Gabriele Oßwald und Wolfgang Sautermeister sitzen einander gegenüber und haben eine Eisplatte zwischen ihre Stirnen geklemmt. Während das schmelzende Eis herabtropft, sitzen sie in der Starrheit und Vertrautheit eines älteren Ehepaares. Zuvor hatten sie mit Besteck gescheppert und Geschirr zerschlagen. Das hat sich weniger eingeprägt.
Denn Aktionen, Bewegungen, gesprochene Sätze, Musik, Tanz, Splitter von Geschichten sind flüchtig. Sie gehören in den Bereich der darstellenden Künste, aber eine Theaterbühne ist normalerweise nicht der Ort, wo eine Performance stattfindet. Sie sucht sich eigene Orte und Zuschauer mit anderen Erwartungen, als sie Theatergänger haben. Gabriele Oßwald und Wolfgang Sautermeister mischen sich gern in den öffentlichen Raum. Sie stehen zum Beispiel vor einem Ladensgeschäft, jeder hat ein Köfferchen neben sich. Auf dem Gehweg ausgelegt sind ausgerissene Puppenbeine, Toastbrotscheiben oder sonst irgendetwas Nichtiges, das plötzlich eine Bedeutung bekommt. Ein andermal sitzen sie den Passanten auf Stühlen im Weg. Sie haben die Augen mit Bandagen zugewickelt, und darauf steht: Glück. Die Reaktion der zufällig Vorübergehenden ist Teil der Performance. Sie reicht von amüsiert bis verärgert, von interessiert bis gleichgültig.
Mit dem Zentrum zeitraumexit haben Gabriele Oßwald und Wolfgang Sautermeister in Mannheim einen Ort geschaffen, an dem Performancekunst zu Hause ist. Ansonsten schwärmt sie meistens aus zu Festivals, oft internationalen, und Veranstaltungen aller Art in nah und fern. Der Rahmen, in dem sie sich präsentiert, ist auch das Bilde, das sie zur Anschauung bringt.
Da eine Performance improvisatorische Teile hat und bei der Realisierung in Beziehung zu ihrem Umfeld tritt, ist sie niemals die gleiche. Und daher auch schwer zu dokumentieren. Aber was sonst bleibt von dieser flüchtigen Kunst zurück als Videos und Fotos?
Wolfgang Sautermeister ist Maler und Zeichner. Zur Performance kam er in späteren Jahren. Gabriele Oßwald ist künstlerisch nahezu ausschließlich Performerin. Neben Solo-Performances haben die beiden mehr als zwanzig gemeinsame Performances und Aktionen gemacht. Sie wurden damit nach Kaiserslautern, Darmstadt, Mainz, Konstanz, Dresden, Essen, nach Lissabon und Venedig, in die Schweiz und nach Norwegen eingeladen. Nachdem sie die Zusammenarbeit vier Jahre lang ausgesetzt hatten, haben sie ihre letzte gemeinsame Performance 'Hearing & Watching & Wishing" jetzt wiederaufgenommen.
Katalog-Tipp
Gabriele Oßwald und Wolfgang Sautermeister: "Works 1994-2007'. 10 Euro.