Zu kurz gedacht

Kommentar: Ralf-Carl Langhals rät zur Entscheidung für die Freie Szene

Zeitung

Mannheimer Morgen

Eine Stadt, die existenzielle Bedürfnisse ihrer kreativen  Köpfe ignoriert, freie Künstler als lästige Jammerlappen aus irgendwelchen Hinterhöfen abtut, hat den Titel Kulturhauptstadt nicht verdient.

Wo steht Mannheim? Nicht „vorne“, so viel ist sicher. Man kann noch zehn Initiativen und Anschubfestivälchen gründen, doch der Punkt ist gekommen, wo es hop oder top, machen oder bleibenlassen heißt. Lieber ein kalter Schrecken mit Ende als der lauwarme Tropf, lieber offene Ablehnung als feiste Ignoranz. Wer steht dafür? Während sich Mannheims CDU kulturpolitisch, ganz baden-württembergisch, bräsig auf Leuchttürme zurückzieht, von denen aus man vieles nicht sehen kann, weil man es nicht will, wollen FDP und Mannheimer Liste so ab und zu ein bisschen. Grün ist (derzeit einzig) die Hoffnung. Und die einst so weitsichtige SPD-Kulturpolitik des Ober- und vormaligen Kulturbürgermeisters? Es gibt sie schlicht nicht. Während Kommissionen tagen, zieht Heidelberg mit dem Plan eines Tanzhauses und -festivals vorbei. Koordinierte Festivalregion Rhein-Neckar? Ein Witz! Und der (vor allem von kulturaffiner Klientel gewählte) Visionär selbst? Auf bundesdeutschen Podien gelingt Peter Kurz eloquent, was er Gemeinderat und vor allem seiner Fraktion versagt: die Darstellung des politischen Willens zur urbanen Kultur. Die Freie Szene ist die Hefe im Kulturkuchen, nicht die entbehrliche Sahne obendrauf. Wer das nicht weiß, sollte, statt kleinere Brötchen zu backen, weiterhin Brei kochen