Zwischen gestern und heute

Kunst: zeitraumexit zeigt moderne türkische Künstler

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Mannheimer Morgen

Das geklonte kleine Mädchen hat nur ein Bein, im Auto fahren die Pedale alleine, eine Frau übergießt sich mit blutroter Farbe: Spektakulär geht es zu in der Ausstellung im Künstlerhaus zeitraumexit, die Gegenwartskunst aus der Türkei präsentiert. Mit Fotos, Videos und Performances machen die Künstler Evrensel Belgin, Nezaket Ekici, Genco Gülan, Funda Özgünaydin und Neriman Polat ihren Blick auf die politische Situation der Türkei deutlich. Denn dieses Ausstellung ist in jeder Pore politisch motiviert und deswegen für den Betrachter nur mit den schriftlichen Informationen, die zeitraumexit gibt, verständlich.

Zweifel an der Demokratie
so hat die 1968 geborene und in Istanbul lebende Neriman Polat, die schon auf der Biennale in Venedig vertreten war, erhebliche Zweifel, was den demokratischen Prozess in ihrem Heimatland angeht, wofür ein führerloses Auto symbolisch steht (mit Evrensel Belgin). Apropos Symbolik: Alle Künstler drücken ihre Anliegen metaphorisch aus, wie auch Nezaket Ekici. Die in Berlin lebende Künstlerin gießt sich in einer Performance rote Farbe über, die aus der türkischen Fahne läuft. Eine Geste, die zwischen Geborgen- und Gefangensein zu schwanken scheint. Aus Frankfurt stammt Funda Özgünaydin, die sich in einer liebevoll-ironischen Aneignung auf Video dem politischen Sänger Karaca nähert, der 1980 wegen kritischer Texte ausgebürgert wurde. Manche Arbeiten kommen leider etwas simpel daher, wie etwa 'Scream' von Genco Gülan, in der Menschen auf der Straße schreien - wer die grandiose Arbeit 'Anthem' von Bill Viola kennt, kann über dieses Werk nur müde mit den Achseln zucken. Insgesamt ist die Schau allerdings sehenswert, auch wenn eine Frage bleibt: Ob wohl ein türkischer Mitbürger seinen Fuß ins Kunsthaus im Jungbusch setzt, um sie zu sehen? [kaepp]