Mühen mit Muskelkraft

Tanz: Eine Performance-Reihe in Zeitraumexit geht dem Ich und seiner Auflösung nach

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Mannheimer Morgen

Ein Körper wird bewegt. Er bewegt sich durch zwei andere Körper. Auf der Bühne des Mannheimer zeitraumexit stehen drei Performer. Ihr Thema entspringt dem übergeordneten Projekt "Les petites morts". Es sind also "die kleinen Tode", die das Trio untersucht. Auflösung, Tod und Sterben, wie im Programmtext angekündigt, klingen dann aber doch eher groß und gewaltig. Allerdings ist hier auch die Anspielung auf die französische Umschreibung "la petite mort" für Orgasmus und Tod enthalten. Ein Blick auf die Performance mit dem seltsamen Titel "All my Holes Are Theirs" macht das nicht unbedingt einfacher. Was passiert mit dem Körper, wenn "Alle meine Öffnungen ihre sind"? Aleesa Cohene ist eine bildende Künstlerin aus Kanada und tanzt hier zum ersten Mal. Mit ihrem kräftigen, aber wie stillgestellten Körper, ist sie das Zentrum des Ganzen. Hinter ihr müht sich das Künstlerpaar Angela Schubot & Jared Gradinger nach allen Kräften ab. Sie bewegen mit Händen und Füßen, mit ihren Köpfen und dem Gewicht ihrer Körpermitte den Leib ihrer Protagonistin. Cohene bleibt dabei wie eine unbeteiligte Masse, die es zu verschieben gilt. Dabei nimmt sie im Lauf der Aktion alle möglichen Positionen ein: Vom Boden in den Stand, gezogen, gedrückt, geschoben und gefallen, gerollt, gepresst und gestreichelt. Wie lassen sich Identitäten auflösen und andere Formen von Koexistenzen gewinnen? Das sind komplexe Fragen, die das Trio in Bewegung umzusetzen sucht. Tatsächlich gelingt den Forschern ein aufregendes Experiment. Zwei Körper mühen sich mit der Energie von Muskelkraft um einen, der abwesend und in Spannungslosigkeit verharrt. Dabei verschwinden eher die sich verausgabenden Nebenspieler, während die kraftsparende Existenz an Sichtbarkeit gewinnt. zeitraumexit wird sich wieder im Herbst den Grenzbereichen des Körpers widmen.
rah